Veröffentlicht am 14. Juni 2023
Am 14. Juni 2023 wurde die neue Maschinenverordnung 2023/1230 im Amtsblatt der europäischen Union veröffentlicht. Sie wird am 14. Jänner 2027 die Maschinenrichtlinie ablösen. Die neuen Anforderungen müssen dann, soweit es der Stand der Technik erlaubt, erfüllt werden. Die Verordnung gilt wie bisher für Maschinen und sogenannte dazugehörige Produkte:
Die obigen werden im folgenden zusammenfassend als Maschinenprodukte bezeichnet. Für die zeitlich begrenzte Verwendung zu Forschungszwechen in Laboren sind sie von der Verordnung ausgenommen, ebenso Haushaltsgeräte, nicht aber elektrisch angetriebene Möbel, weiter ausgenommen auch Büromaschinen, nicht aber 3D-Drucker (Es gibt noch andere Ausnahmen).
Eine europäische Verordnung gilt in der europäischen Union unmittelbar.
Sie muss nicht erst in jedem Mitgliedstaat in eigenes nationales Recht umgesetzt werden.
Der Aufbau der Maschinenverordnung ist neu. Ihre Anhänge wurden anders geordnet und nummeriert. Die Konformitätsbewertungsverfahren sind nach dem Common framework 768/2008/EC in Module gegliedert, wie von anderen Richtlinien bekannt.
Ein Hersteller ist eine natürliche oder juristische Person, die Konstruktion oder Bau einer Maschine (oder eines dazugehörigen Produktes) in Auftrag gibt, um sie zu vermarkten. Hersteller ist aber auch derjenige, der ein Maschinenprodukt zur eigenen Verwendung anfertigt.
Einige für Maschinen- und Anlagenbauer wichtige Neuerungen der Maschinenverordnung 2023/1230 sind:
Anhang | Inhalt |
I A | Maschinen, die von einer notifizierten Stelle bewertet werden müssen. |
I B | Maschinen, die vom Hersteller nur dann in eigener Verantwortung für konform erklärt werden dürfen, wenn die Maschinen gemäß einer harmonisierten Norm hergestellt wurden. |
III | Untergliedert in
|
IV | Technische Unterlagen für (vollständige) Maschinen und für unvollständige Maschinen |
Anhang | Inhalt |
V | Konformitätserklärung bzw. Einbauerklärung (für unvollständige Maschinen) |
VI | Modul A – Interne Fertigungskontrolle (Hersteller überwacht Übereinstimmung mit den Technischen Unterlagen) |
VII | Modul B – EG-Baumusterprüfung (durch notifizierte Stelle) |
VIII | Modul C – Konformität mit der Bauart (Hersteller überwacht die Übereinstimmung mit dem Baumuster) |
IX | Modul H – Umfassende Qualitätssicherung (Das Qualitätssicherungssystem wird regelmäßig von einer notifizierten Stelle auditiert) |
IX a | Modul G – Einzelteilprüfung (durch notifizierte Stelle) |
X | Montageanleitung für eine unvollständige Maschine |
Die Mindestkriterien für benannte (notifizierte) Stellen und die CE-Kennzeichnung sind nicht mehr in Anhängen beschrieben.
Bisher war die Wesentliche Veränderung einer Maschine z.B. im Interpretationspapier des deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales definiert. Die neue Verordnung legt deutlich fest, wann aus einer alten Maschine durch eine Wesentliche Veränderung ein neues Maschinenprodukt wird:
Änderung durch phyischen Eingriff oder durch Software,
Wer einen solchen Umbau durchführt, gilt als Hersteller. Er muss das wesentlich veränderte Maschinenprodukt neu auf Konformität bewerten und dafür sorgen, dass sie alle relevanten grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen erfüllt, bevor sie neuerlich auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen wird.
Unverändert gebliebene Teile einer Gesamtheit von Maschinen müssen nicht neu dokumentiert werden.
Im derzeitigen Entwurf sind Privatpersonen von diesen Pflichten ausgenommen, wenn sie ihre eigene Maschine nur für eigenen Gebrauch wesentlich verändern.
Wenn der Verwender seine eigene Maschin nur unwesentlich verändert, muss er also keine neue Konformtitätsbewertung durchführen. Jedoch darf ein Händler diese veränderte Maschine nur dann verkaufen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt dem aktuellen Stand der Technik entspricht.
Die Maschinenrichtlinie verfolgte zwei Ziele:
Maschinen, die von ihrem Hersteller selbst verwendet werden, gelten derzeit nur implizit als in Verkehr gebracht.
Die neue Verordnung definiert ausdrücklich den Hersteller als als natürliche oder juridische Person, die Maschinenprodukte herstellt oder konstruieren oder herstellen lässt,
auf.
Zur eigenen Verwendung importierte Maschinenprodukte unterliegen immer auch den nationalen Arbeitsschutz-Vorschriften.
In einigen Bestimmungen befasst sich die neue Maschinenverordnung mit dem Thema der künstlichen Intelligenz, ohne sie explizit bei diesem Namen zu nennen.
Anhang I A enthält Software und Maschinenprodukte mit Sicherheitsfunktionen, die sich insgesamt oder teilweise durch maschinelles Lernen von selbst fortentwickeln. Diese beiden Kategorien müssen in Zukunft durch eine dazu befugte notifizierte Stelle (baumuster-)geprüft werden.
Die Risikobeurteilung muss sich auch mit künftigen vorhersehbaren Software-Updates auseinandersetzen. Insbesondere muss bestimmungsgemäß selbstentwickeltes Verhalten oder Logik berücksichtigt sein.
Es muss verhindert sein, dass sich Einstellungen oder Regeln des Maschinenproduktes so verändern, dass sie zu Gefährdungen führen können. Solche Veränderungen dürfen weder durch das Maschinenprodukt selsbt, noch durch den Bediener möglich sein.
Eine autonome Maschine ist eine bewegliche Maschine, deren Sicherheitsfunktionen ohne ständige Aufsicht durch einen Bediener in ihrem gesamten Arbeitsbereich gewährleistet sind.
Wenn das für die Sicherheit erforderlich ist, darf sich die autonome Maschine nur unter Überwachung mittels Fernsteuerung bewegen, wofür dem Bediener Daten und Video übermittelt werden. Es muss sichergestellt sein, dass die autonome Maschine nur auf die vorgesehene Fernsteuerung und keine andere reagiert. Die Sicherheitsfunktionen haben immer Vorrang vor jeglichen Befehlen über die Fernsteuerung.
Autonome Maschinen mit selbst entwickelndem Verhalten müssen Ihre Absichten dem Bediener in verständlicher Weise kundtun. Sie dürfen nicht außerhalb ihrer festgelegten Aufgabe oder Bewegungsradius handeln. Alle autonomen Entscheidungsprozesse müssen in der Maschine für mindestens ein Jahr dokumentiert und gespeichert bleiben. Die Maschinen müssen immer korrigiert werden können.
Schon jetzt muss eine Maschinensteuerung zuverlässig sein und Fremdeinflüssen standhalten. Parameter dürfen sich nicht unkontrolliert ändern, wenn das gefährlich ist.
Eine Kommunikationsnetzverbindung, Fernzugriff und jegliche angeschlosse Einrichtung darf unter keinen Umständen zu einer gefährlichen Situation führen. Sicherheitskritische Software und Daten müssen benannt und gegen irrtümliche und gegen böswillige Korrumpierung geschützt sein. Das Maschinenprodukt muss Nachweise für autorisierten oder aber unzulässigen Zugriff protokollieren und speichern.
Die installierte sicherheitsrelevante Software muss jederzeit auf einfache Weise identifiziert werden können. Jede neu in ein Maschinenprodukt geladene Version der Sicherheitssoftware muss für mindestens fünf Jahre zurückverfolgt werden können. Die Updates und ihr Quellcode müssen auf Anfrage der zuständigen nationalen Behörde übergeben werden.
Die für externe Verbindung zur sicherheitsrelevanten Software zuständige Hardware muss gegen irrtümliche oder unberechtigte Verfälschung geschützt sein. Diese Hardware muss außerdem berechtigte Zugriffe und unzulässige Versuche protokollieren und speichern.
Die obige Forderung richtet sich beispielsweise auf Firewalls und Managed switches. Sie müssen mit einmaligen starken Kennworten o.ä. geschützt sein und allen Datenverkehr aufzeichnen, oder sogar eine Nutzerverwaltung implementieren.
Maschinen, die nach der Europäischen Verordnung 2019/881 über Cyber-Security zertifiziert wurden, entsprechen vermutlich den Anforderungen der Maschinenverordnung gegen Verfälschung und für Zuverlässigkeit ihrer Sicherheits-Steuerung.
Alle bisher geforderten Vorkehrungen hinsichtlich der Spannungsversorgung müssen in Zukunft in gleicher Weise auch für
der Kommunikationsnetzverbindungen getroffen werden.
Neuerdings werden die grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen – sofern sie zutreffen und nicht erst beim Einbau in die Gesamtmaschine erfüllt werden können – auch an unvollständige Maschinen gestellt. Der Inhalt der Montageanleitung wird im Anhang XI detailliert mit den Buchstaben a...n vorgeschrieben.
Die Anleitung muss genau erklären, wie die unvollständige Maschine so eingebaut werden kann, dass die grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen letztlich erfüllt sind.
Insofern es die von einem Maschinenprodukt ausgehende Gefahr als angemessen erscheinen lässt, müssen Hersteller laufend Stichproben der von ihnen in Verkehr gebrachten Serienmaschinenprodukte untersuchen. Wenn notwendig müssen die Hersteller ein Verzeichnis der Beschwerden, der Abweichungen und Rückrufe führen und ihre Händler darüber auf dem Laufenden halten.
Wenn ein Hersteller Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm auf den Markt gebrachtes Maschinenprodukt nicht den Sicherheitsanforderungen entspricht, muss er es ausbessern, zurückrufen oder vom Markt nehmen.
Außerdem muss der Hersteller die nationalen Behörden, wo das Maschinenprodukt verkauft wurde, davon verständigen welche Fehler gefunden wurden und wie sie korrigiert werden sollen.
Auch Importeure dürfen Maschinenprodukte nicht vermarkten, die sie im Verdacht haben, von der Maschinenprodukteverordnung abzuweichen. Wenn solche Maschinen eine Gefahr darstellen, müssen die Importeure deren Hersteller und auch die Behörden informieren.
Die Marktüberwachung muss bei Verdacht auf Gefährdung ein Maschinenprodukt überprüfen und wenn es nicht den Anforderungen der Verordnung entspricht, die Marktakteure zu entsprechenden Korrekturmaßnahmen bringen, oder das Produkt vom Markt nehmen bzw. zurückrufen, sowie die Öffentlichkeit, die Kommission und alle Mitgliedstaaten informieren.
Dasselbe gilt sinngemäß sogar wenn ein Produkt gefährlich ist, obwohl es den Anforderungen der Verordnung entspricht. Auch bei lediglich Formalfehlern muss die Marktüberwachung tätig werden.
Die Mitgliedstaaten der europäischen Union müssen bis zum 14. Oktober 2026 wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen für Verstöße in Kraft setzen und diese der Kommission melden.