Ziviltechniker für Elektrotechnik
Certified Machine Safety Expert – CMSE®
Ziviltechniker für ET
Die meisten Gefährdungen einer Maschine gehen erfahrungsgemäß von deren beweglichen Teilen aus. Diese Risiken lassen sich bei erstmaliger Konstruktion leicht vermindern.
Nachträgliche Verbesserungen sind im Allgemeinen aufwändiger und umständlicher.
Vor 50 Jahren mag ein einzelnes Warnschild noch als ausreichendes Schutzkonzept gegolten haben. Spätestens seit der ersten Ausgabe der Maschinenrichtlinie im Jahr 1989 darf eine Maschine mit ihren beweglichen Teilen keine Gefahr verursachen. Manche Quetsch- oder Scherstellen können durch konstruktive Gestaltung ganz vermieden werden.
Meistens sind dennoch Verkleidungen und Schutztüren unumgänglich. An leistungsfähigen schnellen Maschinen müssen letztere mit Zuhaltungen versehen sein. Für Sicherheitslichtvorhänge, Zweihand-Taster und dergleichen ist dort zuwenig Sicherheitsabstand verfügbar. Um den Anreiz zur Manipulation wegzunehmen, legt man Einstell- und Wartungsstellen nach außen.
Die folgenden Informationen zitiere ich auszugsweise aus Normen und Verordnungen. Damit gebe ich ohne Gewähr nur einen Überblick. Gerne berate ich Sie über die genauen Anforderungen und weiteren Möglichkeiten der sicheren Gestaltung.
Einige Normen nennen folgende Grenzwerte unterhalb derer keine Quetschgefahr besteht:
Manchmal ist es auch möglich, ausreichende Mindestabstände zwischen beweglichen und festen Maschinenteilen einzuhalten. Die harmonisierte Norm DIN EN ISO 13854 (siehe Normenliste weiter unten) gibt für einzelne Körperteile unterschiedliche Mindestabstände vor.
Körperteil | Mindestabstand |
Körper | ≥500 mm |
Kopf | ≥300 mm |
Bein | ≥180 mm |
Fuß, Arm | ≥120 mm |
Hand, Faust | ≥100 mm |
Zehen | ≥50 mm |
Finger | ≥25 mm |
Wo Gefahrenstellen nicht mittels solcher inhärent sicherer Konstruktion vermieden werden können, muss der Zugang zu ihnen verwehrt werden. Wenn der Eingriff zu Störungsbehebung, Reinigung oder Wartung nur höchstens ein Mal pro Woche notwendig ist, sind Verkleidungen die kostengünstigste Lösung. Transparente Panele oder perforierte Schutzgitter bieten eine gute Sicht auf den Produktionsprozess. Diese werden als feststehende trennende Schutzeinrichtungen bezeichnet.
Für häufigeren Zugang sollen Schutztüren vorgesehen werden, weil Verkleidungen sonst nicht wieder montiert würden. Sicherheitsschalter müssen die gefährliche Bewegung anhalten. Bei sehr häufigem Zugriff sind Zweihand-Bedienung, Sicherheits-Lichtvorhänge, Trittmatten u.dgl. vorteilhaft. Hinter solchen Schutzeinrichtungen muss der notwendige Sicherheitsabstand eingehalten werden, damit die Bewegung zum Stillstand gebracht ist, bevor man in die Gefahrenstelle greifen kann.
Für Verkleidungen und Schutztüren legen Anhang I der Maschinenrichtlinie – MRL, die harmonisierten Normen DIN EN ISO 12100 und DIN EN ISO 14120 (siehe Normenliste weiter unten) u.a. die folgenden wesentlichen Anforderungen fest:
Meistens müssen Öffnungen für die Zu- und Abfuhr der Produkte frei bleiben. Die harmonisierte Norm DIN EN ISO 13857 (siehe Normenliste weiter unten) befasst sich mit den erforderlichen Sicherheitsabständen hinter solchen Aussparungen.
Tabelle 4 der Norm beruht auf weltweiten anthropomorphischen Untersuchungen. Dabei hat sich gezeigt, dass 5% der 14-Jährigen sehr schlanke Gliedmaßen haben. Auf dieser Basis schreibt die Norm schon für ziemlich kleine Öffnungen große Abstände vor.
Körperteil | Weite eines Schlitzes | Sicherheitsabstand hinter Schlitz |
Fingerspitze | ≤4 mm | ≥2 mm |
≤6 mm | ≥10 mm | |
Finger | ≤8 mm | ≥20 mm |
≤10 mm | ≥80 mm | |
Hand | ≤12 mm | ≥100 mm |
≤20 mm | ≥120 mm | |
Arm | ≤120 mm | ≥850 mm |
Bein | ≤180 mm | ≥1100 mm |
Seitenlänge, Durchmesser | Sicherheitsabstand hinter quadrat. Öffnung | Sicherheitsabstand hinter runder Öffnung |
≤4 mm | ≥2 mm | ≥2 mm |
≤6 mm | ≥5 mm | ≥5 mm |
≤8 mm | ≥15 mm | ≥5 mm |
≤10 mm | ≥25 mm | ≥20 mm |
≤12 mm | ≥80 mm | ≥80 mm |
≤30 mm | ≥120 mm | ≥120 mm |
≤40 mm | ≥200 mm | ≥120 mm |
≤120 mm | ≥850 mm | ≥850 mm |
Ab 180 mm wird Zugang mit dem ganzen Körper unterstellt. Die Norm enthält weitere Tabellen und Festlegungen. Bei der praktischen Anwendung berate ich Sie gerne.
Die Maschinenrichtlinie enthält den Begriff der nichttrennenden Schutzeinrichtungen. Darunter versteht man:
Alle diese Schutzeinrichtungen müssen genügend weit vor der Gefahrenstelle angeordnet sein: Die Bewegung muss zum Stillstand kommen, bevor die Gefahrenstelle mit dem Körper oder der Hand erreicht ist.
Siehe Lichtvorhang — Mindestabstand.
Derselbe Grundsatz gilt auch für Schutztüren ohne Zuhaltung, die sich jederzeit öffnen lassen. Wenn das Abbremsen der gefährlichen Bewegung zu lange dauert, muss eine Schutztür mit Zuhaltung eingebaut werden: Sie darf sich erst dann öffnen lassen, wenn die Bewegung zum Stillstand gekommen ist.
Krane und ähnliche Maschinen zum Heben von Lasten (und Personen) sind zwar im Anhang IV der Maschinenrichtlinie aufgezählt. Sie dürfen dennoch unter Einhaltung harmonisierter Normen vom Hersteller in eigener Verantwortung für konform erklärt und auf den Markt gebracht werden.
Auch Lastaufnahmemittel und Anschlagmittel müssen genauso wie eine Maschine bewertet und dokumentiert werden. Sie bedürfen letztlich einer EG-Konformitätserklärung, auch wenn sie nur zur eigenen Verwendung hergestellt werden.
Für Hersteller enhält Anhang I der Maschinenrichtlinie neben den allgemeinen Anforderungen für Maschinen in Kapitel 4 spezielle Bestimmungen für das Heben von Lasten.
Die Arbeitsmittelverordnung schreibt den Betreibern verschiedene Prüfpflichten vor und erteilt detaillierte Auflagen für den sicheren Betrieb. In der Industrie dürfen Lasten nicht über Personen hinweg transportiert werden.
Weitere Hinweise zur Nomenklatur, zu den Pflichten von Herstellern und Betreibern, sowie Normenverweise finden Sie in Maschinen zum Heben von Lasten.
Im Idealfall gibt es eine spezifische C-Norm für die betreffende Maschine. Sie enthält schon alle Risiken und die notendigen Schutzmaßnahmen. Sonst muss man sich an allgemeinen A- und B-Normen orientieren.
Ich führe nachfolgend eine aktuelle Auswahl an. Aus disen Normen müssen dann die Grundregeln für die sichere Gestaltung des Arbeitsmittels entnommen werden. Darin unterstütze ich Sie gerne.
DIN EN ISO 4413: 2011-04 Fluidtechnik - Allgemeine Regeln und sicherheitstechnische Anforderungen an Hydraulikanlagen und deren Bauteil
DIN EN ISO 4414: 2011-04 Fluidtechnik - Allgemeine Regeln und sicherheitstechnische Anforderungen an Pneumatikanlagen und deren Bauteile
DIN EN ISO 7010: 2020-07 Graphische Symbole - Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen - Registrierte Sicherheitszeichen
DIN EN ISO 11161: 2010-10 Sicherheit von Maschinen - Integrierte Fertigungssysteme - Grundlegende Anforderungen
DIN EN ISO 12100: 2011-03 Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung
DIN EN ISO 13732-1: 2008-12 Ergonomie der thermischen Umgebung - Bewertungsverfahren für menschliche Reaktionen bei Kontakt mit Oberflächen - Teil 1: Heiße Oberflächen
DIN EN ISO 13732-3: 2008-12 Ergonomie der thermischen Umgebung - Bewertungsmethoden für Reaktionen des Menschen bei Kontakt mit Oberflächen - Teil 3: Kalte Oberflächen
DIN EN ISO 13849-1: 2016-06 Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze
DIN EN ISO 13849-2: 41320 Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 2: Validierung
DIN EN ISO 13850: 2016-05 Sicherheit von Maschinen - Not-Halt-Funktion - Gestaltungsleitsätze
DIN EN ISO 13851: 2019-11 Sicherheit von Maschinen - Zweihandschaltungen - Funktionelle Aspekte und Gestaltungsleitsätze
DIN EN ISO 13854: 2020-01 Sicherheit von Maschinen - Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschens von Körperteilen
DIN EN ISO 13855: 2010-10 Sicherheit von Maschinen - Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeiten von Körperteilen
DIN EN ISO 13857: 2020-04 Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen
DIN EN ISO 14118: 2018-07 Sicherheit von Maschinen - Vermeidung von unerwartetem Anlauf
DIN EN ISO 14119: 2014-03 Sicherheit von Maschinen - Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit trennenden Schutzeinrichtungen - Leitsätze für Gestaltung und Auswahl
DIN EN ISO 14120: 2016-05 Sicherheit von Maschinen - Trennende Schutzeinrichtungen - Allgemeine Anforderungen an Gestaltung und Bau von feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen
DIN ISO/TR 14121-2: 2013-02 Sicherheit von Maschinen - Risikobeurteilung - Teil 2: Praktischer Leitfaden und Verfahrensbeispiele
DIN EN ISO 14122-1: 2016-10 Sicherheit von Maschinen - Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen - Teil 1: Wahl eines ortsfesten Zugangs und allgemeine Anforderungen
DIN EN ISO 14122-2: 2016-10 Sicherheit von Maschinen - Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen - Teil 2: Arbeitsbühnen und Laufstege
DIN EN ISO 14122-3: 2016-10 Sicherheit von Maschinen - Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen - Teil 3: Treppen, Treppenleitern und Geländer
DIN EN ISO 14122-4: 2016-10 Sicherheit von Maschinen - Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen - Teil 4: Ortsfeste Steigleitern
DIN EN 60073: 2003-05 Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle, Kennzeichnung - Codierungsgrundsätze für Anzeigengeräte und Bedienteil
DIN EN 60204-1: 2019-06 Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen - Teil 1: Allgemeine Anforderungen
DIN EN IEC 60204-11: 2019-09 Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen - Teil 11: Anforderungen an Ausrüstung für Spannungen über 1 000 V Wechselspannung oder 1 500 V Gleichspannung, aber nicht über 36 kV
DIN EN 60617-2: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 2: Symbolelemente, Kennzeichen und andere Schaltzeichen für allgemeine Anwendungen
DIN EN 60617-3: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 3: Schaltzeichen für Leiter und Verbinder
DIN EN 60617-4: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 4: Schaltzeichen für passive Bauelemente
DIN EN 60617-6: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 6: Schaltzeichen für die Erzeugung und Umwandlung elektrischer Energie
DIN EN 60617-7: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 7: Schaltzeichen für Schalt- und Schutzeinrichtungen
DIN EN 60617-8: 1997-08 Graphische Symbole für Schaltpläne - Teil 8: Schaltzeichen für Meß-, Melde und Signaleinrichtungen
IEC TR 60890: 2014-05 A method of temperature-rise verification of low-voltage switchgear and controlgear assemblies by calculation
DIN EN 61310-3: 2008-09 Sicherheit von Maschinen - Anzeigen, Kennzeichen und Bedienen - Teil 3: Anforderungen an die Anordnung und den Betrieb von Bedienteilen
DIN EN 61439-1: 2019-04 Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen - Teil 1: Allgemeine Festlegungen
DIN EN 61439-2: 2012-06 Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen - Teil 2: Energie-Schaltgerätekombinationen
DIN EN 61496-1: 2014-05 Sicherheit von Maschinen - Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen - Teil 1: Allgemeine Anforderungen
DIN EN 61511-1: 2019-02 Funktionale Sicherheit - PLT-Sicherheitseinrichtungen für die Prozessindustrie - Teil 1: Allgemeines, Begriffe, Anforderungen an Systeme, Hardware und Anwendungsprogrammierung
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PD IEC/TR 61511-4: 2020-03-18 Functional safety. Safety instrumented systems for the process industry sector. Explanation and rationale for changes in IEC 61511-1 from Edition 1 to Edition 2